
Schreiben gegen Hilflosigkeit, Schreiben als Ermächtigungs-instrument, das ist für die beiden Autorinnen, deren Essays Sie in diesem Hammer finden, zumindest einer der Gründe für ihre schriftstellerische Tätigkeit. „Schreiben heißt für mich überleben“, heißt es etwa bei Margit Schreiner.
Über die möglichen Gründe für das Lesen von Literatur stellt der Schriftsteller und Literaturtheoretiker Kenneth Burke (1897–1993) fest: „Dichtung wird tatsächlich zum Zwecke des Wohlbefindens des Lesers geschrieben […]. Man widmet sich ihr, weil man sie als Lebenshilfe nimmt, als einen rituellen Schutz gegen Hilflosigkeit und Gefährdung.“ Lesen Sie, um sich gegen Hilflosigkeit und Gefährdung zu schützen?
Und wie sieht es mit SchriftstellerInnen aus, also jenen, denen wir die Existenz von Literatur überhaupt zu verdanken haben – schreiben sie, um sich selbst zu schützen, gegen Hilflosigkeit und Gefährdung? „Hilflosigkeit bringt mich zum Schreiben“, reflektiert jedenfalls auch Sabine Scholl.
Bedeutet das, die wichtigste Funktion von Literatur liege im Trostspenden? Und welche Rolle spielt dabei das kritische Potenzial, das wir an guter Literatur oft schätzen, noch? Diesen und ähnlichen Fragen widmen sich zwei Veranstaltungen, an denen die beiden Autorinnen mitwirken, in Wien und Salzburg: Die Alte Schmiede und das Literaturforum Leselampe haben Margit Schreiner und, auf deren Anregung hin, Gertraud Klemm und Sabine Scholl eingeladen, Texte zum Thema Literatur und Hilflosigkeit zu verfassen und diese gemeinsam zu diskutieren. Die Diskussionsabende – geplant für Ende März 2020 – werden nun nachgeholt: Am 6. Oktober diskutieren Margit Schreiner und Gertraud Klemm in der Alten Schmiede, am 13. Oktober Margit Schreiner und Sabine Scholl im Literaturforum Leselampe. Vorab können Sie Gertraud Klemms Essay im Hammer-Blog der Alten Schmiede lesen; die Texte von Margit Schreiner und Sabine Scholl finden Sie in diesem Hammer. Sie können darin vom Freiraum einer Bibliothek, von der Nähstube als Schrein der Hilflosigkeit und der Flucht vor einem Mammut lesen.
Johanna Öttl